Ein Gedicht zur Jahreszeit (September)

September-Schmetterling

Da torkelt ein Admiral durch die Luft.
Er sucht wohl die blässliche Rose…
Sie lockt ihn mit süßlichem Spätfrauenduft,
auf dass er noch einmal sie kose.

Er hat nun die Wahl, der ältere Herr,
von Astern bis zu den Zyklamen.
Da fällt die Entscheidung ihm unendlich schwer:
Wen wählt man denn aus von den Damen?

Ist’s schöner, man gaukelt zur Glattaster hin?
Die ruft gleich mit hunderten Schwestern:
„Komm, sei unser Gast! Hier machst du Gewinn!
Wir sind frisch erblüht – nicht von gestern!“

Dort hinten, da wartet im grünrosa Kleid
die reifere Braut – Fette Henne.
Sie sagt nur: „Mein Alter! Nun sei doch gescheit!
Ich pass zu dir, weil ich dich kenne.“

Ja, das ist wohl wahr! Doch wüsst er auch gern,
was andere Damen so bieten.
Es zieht ihn zum zartlila Schmetterlingsstrauch
mit seinen verlockenden Blüten.

Ach, Schmetterlingsstrauch! Ja, Schmetterlingsflieder!
– Wie war er beim ersten Mal schüchtern –
Den liebte er auch – und auch immer wieder –
Am Ende war er nicht mehr nüchtern.

Heut kann keine Blüte den Alten betören,
wenn faulig und süß so ein Duft
von Pflaumen und Äpfeln, die sonnensatt gären,
ihn fort in den Obstgarten ruft
Da trinkt er nun selig, ist sternhagelvoll,
und kichert ganz fröhlich: September ist toll!

2 Gedanken zu „Ein Gedicht zur Jahreszeit (September)“

  1. Wieder einmal ein sehr schönes Gedicht von unserer „Blumenflüsterin“ Renate!

    Eine von den „Spätfrauen“, die sich dennoch hin und wieder gern von einem flatterhaften Wesen betören lassen.

  2. Herrlich, der pure Spaß am Garten! Das ist solides botanisches Wissen gepaart mit Wortwitz und Übermut. Ganz im Sinne Deiner Pflanzenmärchen.
    Ich kenne mich im Garten zwar nicht gut aus, aber so gefällt er mir außerordentlich.

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